24-Stunden-Betreuung als dritter Weg

Wenn Angehörige mit der Betreuung pflegebedürftiger Personen überfordert sind, scheint der Weg in ein Alters- oder Pflegeheim unvermeidlich zu sein. Doch in vielen Fällen ist diese Option für alle Beteiligten mit schmerzvollen Hemmnissen verbunden. Während sich Betroffene fremd, abgeschoben und verzweifelt fühlen können, martern sich die Angehörigen mit Vorwürfen, dass sie es zu dieser Situation haben kommen lassen.

Auch wenn sich die Situation in den Pflege- und Altersheimen in den letzten Jahrzehnten spürbar verbessert hat, bleibt das Problem der Entfernung vom vertrauten Umfeld bestehen. Eine 24-Stunden-Betreuung ist ein dritter Weg, der sowohl eine Antwort auf die Überforderung von Angehörigen als auch auf die Herausforderung der Entwurzelung bietet.

Was ist eine 24-Stunden-Betreuung?

Die 24-Stunden-Pflege hat sich in Europa als Folge der Wende entwickelt. Deshalb wurde sie ebenso in anderen Ländern etabliert, wie als 24-Stunden-Betreuung in der Schweiz. Im Zuge des Falls des Eisernen Vorhangs, der offenen Grenzen und der fortgeschrittenen europäischen Integration 1989/90 drangen viele Menschen aus Osteuropa in den europäischen Binnenmarkt, um im entwickelteren Westeuropa ihr Glück zu versuchen.

Vor allem weibliche Migranten verdienen ihren Lebensunterhalt durch die durchgängige Betreuung älterer und kranker Menschen, so wie sie es von ihrer Heimat her gewohnt sind, in der die Großfamilie noch eine verschworene Gemeinschaft ist. Zu diesem Zweck ziehen sie in die Häuser der Betroffenen ein, um sich im Auftrag ihrer Angehörigen um pflegebedürftige Personen zu kümmern. Da zahlreiche dieser Dienstleister aus Polen kommen, wird zuweilen inoffiziell mit Blick auf die 24-Stunden-Betreuung von der „polnischen Pflege“ gesprochen.

Pflege oder Betreuung?

Die Begriffe „24-Stunden-Pflege“ und „24-Stunden-Betreuung“ werden in der Alltagssprache oft als Synonyme gebraucht. Zur Unterscheidung ist wichtig, dass zwar gern von der 24-Stunden-Pflege gesprochen wird, es sich dabei in Wirklichkeit aber um eine Betreuung handelt, die auch nicht 24 Stunden am Tag angeboten wird, denn dies wäre mit den Arbeitsschutzgesetzen nicht vereinbar. Weiterhin handelt es sich bei den Betreuungskräften fast nie um examinierte Pfleger, die somit nur eine grundlegende Pflege und Betreuung anbieten können und eine ärztliche Versorgung nicht ersetzen.

Voraussetzungen für eine Förderung

Österreich hat sich umfassend auf dieses in der Wende entstehende Phänomen eingestellt, das Betroffenen und ihren Familien einen solchen Mehrwert beschert. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind im Hausbetreuungsgesetz (HBeG) verzeichnet. Der Staat bietet Zuschüsse für Betroffene ab einer anerkannten Pflegestufe 3. Der Bedarf für eine 24-Stunden-Betreuung muss ebenso festgestellt worden sein wie das Betreuungsverhältnis zwischen der Betreuungskraft und der pflegebedürftigen Person.

Die Betreuungsperson hat eine Ausbildung nachzuweisen, die der Heimhilfe entspricht oder eine Berufserfahrung von mindestens sechs Monaten, die sachgerecht durchgeführt wurde. Alternativ ist die Vorlage einer Ermächtigung von bevollmächtigten Angehörigen vorzulegen.

Voraussetzungen für die Aufnahme von Pflegekräften

Hinsichtlich der im HBeG festgelegten Bestimmungen muss die Betreuungskraft in der Hausgemeinschaft der pflegebedürftigen Person aufgenommen werden. Zu diesem Zweck eignen sich Gästezimmer und Einliegerwohnungen sehr gut. Ist dies nicht möglich, müssen Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten der Betreuungskräfte gewährleistet sein.

Ihre Arbeitszeit darf 48 Stunden in der Woche und in Ausnahmefällen 60 Stunden die Woche nicht überschreiten. Ebenso muss zwischen Arbeitszeit und Bereitschaftszeit unterschieden werden und die Betreuungspersonen haben das Recht auf Pausen, Ruhezeiten, Wochenendruhe und Urlaub. Bei einem hohen Pflegebedarf können sich zwei Betreuungskräfte gegenseitig abwechseln.

Die Leistungen der Betreuungskräfte

Die Tatsache, dass die Betreuungskräfte bei der pflegebedürftigen Person einziehen, bietet viele Vorteile für die Betroffenen und ihre Angehörigen. Sie bedeutet eine enorme Entlastung. So führen die Betreuungskräfte hauswirtschaftliche Tätigkeiten aus, kümmern sich um die Grundpflege und Betreuung, übernehmen die Kommunikation mit den Behörden, begleiten die Betroffenen bei Arztbesuchen, kochen, kümmern sich um Einkäufe und vieles mehr.

Außerdem kommt auch die menschliche Komponente nicht zu kurz, da die Pflegekräfte mit der pflegebedürftigen Person eine persönliche Beziehung eingehen, sodass sie ihrer Einsamkeit entgegenwirken und sie durch Spielen, Spaziergängen und andere sinnvolle Beschäftigungen dazu aktivieren können, weiterhin am sozialen Leben teilzunehmen. Da sie im Haus der Betroffenen wohnen, können sie im Notfall Erste Hilfe leisten und sofort einen Notarzt verständigen. Damit werden die Grundlagen dafür gelegt, dass Betroffenen weiterhin ein weitgehend selbstständiges Leben im vertrauten Umfeld geboten wird, ohne dass ein Gang ins Alters- oder Pflegeheim notwendig werden muss.

 

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